Naturwein ist mehr als nur ein Hype – er ist eine spannende Alternative zu konventionellen Weinen und bietet Gastronomen und Gastronominnen die Möglichkeit, sich mit einem authentischen und natürlichen Produkt zu positionieren. Doch was genau macht Naturwein so besonders, und warum sollte er in keiner modernen Weinkarte fehlen?
Was ist Naturwein?
Naturwein ist im Wesentlichen nichts anderes als vergorener Traubensaft – allerdings mit minimaler Intervention. Das bedeutet: keine synthetischen Pestizide oder Düngemittel im Weinberg, keine zugesetzten Aromen oder sonstigen chemischen Eingriffe im Keller. Die Trauben werden von Hand gelesen und mit natürlichen, also heimischen Hefen vergoren. Viele Winzer verzichten dabei gänzlich auf Schwefelzusatz oder verwenden nur eine minimale Menge zur Stabilisierung.
Bio-Wein, biodynamischer Wein oder Naturwein?
Naturwein wird oft mit Bio-Weinen oder biodynamischen Weinen verwechselt, doch es gibt wesentliche Unterschiede:
- Bio-Weine werden nach ökologischen Standards produziert, die synthetische Pestizide und Düngemittel verbieten, aber sie erlauben bestimmte önologische Eingriffe, wie den Zusatz von Schwefel oder die Klärung durch tierische Produkte.
- Biodynamische Weine basieren auf den Prinzipien von Rudolf Steiner und nutzen z. B. kosmische Rhythmen und spezielle Präparate zur Weinbergsarbeit. Sie folgen strengen Richtlinien von Organisationen wie Demeter oder Biodyvin.
- Naturweine gehen noch einen Schritt weiter: Sie entstehen mit minimalster Intervention, ohne Zusatzstoffe und oft ohne Filtration oder Schwefelung.
Herstellung von Naturwein
Die Produktion von Naturwein folgt einem schonenden Ansatz, bei dem die Eigenheiten der Trauben bewahrt und Eingriffe auf ein Minimum reduziert werden. Naturweine stammen aus nachhaltigem Anbau, bei dem auf den Einsatz synthetischer Pestizide oder künstlicher Düngemittel verzichtet wird. Zudem wird eine hohe Biodiversität im Weinberg gefördert, beispielsweise durch die Beweidung mit Schafen, die den Boden auf natürliche Weise düngen.
Die Lese erfolgt per Hand, um die Qualität der Trauben bestmöglich zu erhalten. In der Verarbeitung wird oft sogar auf das Entrappen, also das Ablösen der Trauben von den Stielgerüsten, verzichtet.
Die Gärung erfolgt spontan mit den natürlichen Hefen, die sich auf den Traubenschalen befinden, ohne den Zusatz von künstlichen Hefen oder anderen Zusätzen. Diese Gärung findet in verschiedenen Behältern statt, je nach Präferenz des Winzers bzw. der Winzerin:
- Edelstahltanks
- Glasfasertanks
- Betontanks
- Amphoren
- Holzbehältern
Die Herstellung von Naturwein erfordert Erfahrung und Fingerspitzengefühl, da der Wein weitgehend sich selbst überlassen wird und ohne stabilisierende Maßnahmen auskommen muss.
Nach der Gärung wird der Wein häufig von der Hefe abgezogen und in einem neuen Behältnis zur Reifung gelagert. Dabei wird Schwefel nur in minimalen Mengen oder gar nicht hinzugefügt, was den Wein zwar empfindlicher macht, aber auch ausdrucksstärker in Geschmack und Charakter. Besonders bei Orange Wein und Rotwein wird die Maischestandzeit verlängert, um intensivere Aromen und Tannine zu extrahieren.
Auch wenn beide Begriffe oft synonym verwendet werden, ist Naturwein und Orange Wein nicht dasselbe. Orange Wein ist ein Weißwein, der durch Maischegärung hergestellt wird und dadurch seine Farbe und seinen Geschmack erhält. Oft handelt es sich dabei tatsächlich um „echten“ Naturwein. Es gibt jedoch auch Orange Weine, die nicht als Naturweine gelten, z.B. wenn sie filtriert oder geschönt werden oder wenn Zusatzstoffe verwendet werden.
Wie schmeckt Naturwein?
Naturweine heben sich geschmacklich in mehreren Punkten von konventionellen Weinen ab:
- Geschmack: Durch die natürliche Gärung und den Verzicht auf Zusatzstoffe entstehen oft intensivere, komplexere Aromen. Viele Naturweine haben eine ausgeprägte Säure, erdige Noten oder sogar eine leichte Trübung, die sie einzigartig macht.
- Lebendigkeit: Naturweine sind oft unberechenbarer als konventionelle Weine. Sie können sich im Glas weiterentwickeln, was sie besonders spannend für Weinliebhaber macht.
- Terroir-Ausdruck: Sie bringen das Terroir – also Boden, Klima und Topographie – besonders rein zur Geltung. Das bedeutet, dass die Weine oft sehr individuell und nicht standardisiert schmecken.
Typische Rebsorten im Naturwein-Segment
Naturweine werden oft aus einheimischen (autochthonen) oder traditionellen Rebsorten gemacht, die sich besonders gut für eine einfache Herstellung eignen. Typische Sorten sind:
Weiße Rebsorten | Rote Rebsorten |
---|---|
Grüner Veltliner | Blaufränkisch |
Welschriesling | Zweigelt |
Chardonnay | St. Laurent |
Muscaris | Pinot Noir (Spätburgunder) |
Manche Winzer produzieren auch Pétillant Naturel, einen Wein, der durch natürliche Flaschengärung perlend wird und, leicht gekühlt, besonders frisch schmeckt.
Naturweine kaufen: Wo und bei wem?
Für Gastronominnen und Gastronomen, die Naturweine in ihr Angebot aufnehmen möchten, gibt es verschiedene Bezugsquellen. Der Kauf erfordert etwas Recherche, da Naturweine oft in kleineren Mengen produziert und nicht überall verfügbar sind. Zu den besten Anlaufstellen gehören:
Direktkauf beim Winzer
Viele Naturwein-Winzer vertreiben ihre Weine direkt ab Hof oder über ihre Websites. Der Vorteil: Gastronomen können die Produzenten persönlich kennenlernen, Weine vor Ort verkosten und eine direkte Geschäftsbeziehung aufbauen. Zudem lassen sich so exklusive Abfüllungen oder besondere Jahrgänge sichern.
Spezialisierte Großhändler und Importeure
Es gibt immer mehr Großhändler, die sich auf Naturweine spezialisiert haben und Gastronomen ein breites Portfolio bieten. Diese Anbieter haben oft ein gut kuratiertes Sortiment mit Weinen aus verschiedenen Ländern und Regionen. Sie bieten neben fairen Preisen auch regelmäßige Verkostungen und Beratung an, um die passenden Weine für das jeweilige Gastronomiekonzept zu finden.
Naturwein-Fachhändler
Neben klassischen Weinhändlern gibt es mittlerweile spezialisierte Shops und Online-Plattformen für Naturweine. Sie eignen sich besonders für kleinere Bestellungen oder wenn man einzelne Flaschen testen möchte, bevor man größere Mengen ordert.
Messen und Branchen-Events
Fachmessen wie „Raw Wine“ oder „Karakterre“ bieten eine ausgezeichnete Gelegenheit, Naturwein-Produzenten kennenzulernen und deren Weine direkt zu probieren. Hier lassen sich neue Trends entdecken und Kontakte zu Händlern und Winzern knüpfen.
Kooperationen mit lokalen Naturweinbars oder -restaurants
Wer noch wenig Erfahrung mit Naturweinen hat, kann sich durch Partnerschaften mit etablierten Naturwein-Locations inspirieren lassen. Manchmal ergeben sich dadurch auch Einkaufsmöglichkeiten über deren Netzwerke.
Die Preise für Naturwein liegen bei ca. 10 bis 50 Euro pro Flasche.
In unserem Blogartikel erfährst du, wie du die Wirtschaftlichkeit deines Restaurants verbesserst.
Lagerung von Naturwein
Naturwein benötigt besondere Sorgfalt bei der Lagerung, um seine Qualität und sein individuelles Aroma zu bewahren.
Ungeöffneter Naturwein
- Viele Naturweine können für 3 bis 5 Jahre gelagert werden, in Ausnahmefällen können einige Naturweine sogar bis zu 10 Jahre reifen.
- Ein konstanter Temperaturbereich zwischen 10 und 15°C ist ideal, optimal sind 12-13°C.
- Direkte Sonneneinstrahlung kann den Wein negativ beeinflussen – eine dunkle Lagerung ist daher empfehlenswert.
- Eine mäßige Luftfeuchtigkeit (65 bis 75 %) hilft, Korken geschmeidig zu halten, und verhindert, dass sie austrocknen.
- Flaschen mit Naturkorken sollten liegend gelagert werden, um den Korken feucht zu halten. Schraubverschlüsse dürfen auch stehend aufbewahrt werden.
- Unnötige Vibrationen können den Reifeprozess stören, daher sollte der Wein an einem ruhigen Ort lagern.
Da jeder Naturwein individuell ist, kann die Haltbarkeit variieren! Weine mit Maischegärung oder langer Standzeit eignen sich oft besser für längere Lagerung.
Geöffneter Naturwein
- Nach dem Öffnen sollte die Flasche luftdicht verschlossen werden, um Oxidation zu reduzieren.
- Geöffnete Weine sollten im Kühlschrank aufbewahrt werden, um den Alterungsprozess zu verlangsamen.
- Geöffnete Flaschen werden am besten stehend gelagert, um den Kontakt mit Sauerstoff zu minimieren.
- Je voller die Flasche, desto länger bleibt der Wein frisch. Eine fast leere Flasche oxidiert schneller.
- Mit einer Vakuum-Pumpe kannst du die Luft aus der Flasche entfernen, der Wein bleibt länger genießbar.
Serviermethoden für Naturwein
Neben der klassischen Flaschenabfüllung wird Naturwein zunehmend auch im Fass oder als „Wine on Tap“ angeboten. Diese Serviermethoden bieten unterschiedliche Vorteile:
Klassisch aus der Flasche
Die traditionelle Serviermethode bleibt die Flasche. Naturweine werden oft in Standard- oder Magnumflaschen angeboten, wobei die richtige Serviertemperatur (weiß: 10-12°C, rot: 14-16°C) und das Dekantieren bei manchen Weinen eine große Rolle spielt.
Naturwein aus dem Zapfhahn („Wine on Tap“)
Eine immer populärere Variante in der Gastronomie ist das Zapfsystem für Wein. Gerade bei Naturwein lässt sich das beobachten. Dabei wird der Wein aus Fässern oder speziellen Kegs gezapft. Das bringt mehrere Vorteile:
- Weniger Verpackungsmüll, da keine Glasflaschen benötigt werden.
- Der Wein oxidiert nicht so schnell, da er in einem geschlossenen System bleibt.
- Geringere Kosten pro Liter, da Flaschenhandling und Transportaufwand entfallen.
- Ermöglicht Gastronomen, Naturwein glasweise auszuschenken, ohne Reste befürchten zu müssen.
Und wie du (Natur-)Wein richtig präsentierst, erfährst du in unseren Tipps zum Weinmarketing!