Die Vorgaben des gesetzlichen Mutterschutz gelten selbstverständlich auch in der Gastronomie. Doch welche Rechte haben schwangere und stillende Beschäftigte? Wie können Arbeitgeber:innen werdende Mütter gesetzeskonform beschäftigen? Wir erklären die juristischen Basics – von der zulässigen Arbeitszeit bis zur gesetzlichen Meldepflicht.
Mutterschutzgesetz in der Gastronomie: Sinn und Zweck
Egal, in welcher Branche: Schwangere, Wöchnerinnen und Stillende verdienen besondere Fürsorge. Der Mutterschutz in der Gastronomie bildet dabei keine Ausnahme. Sein Ziel ist es, Mütter und ihre Kinder während der Schwangerschaft und Stillzeit vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu bewahren. Gleichzeitig sollen die rechtlichen Vorgaben alle Frauen vor Diskriminierung, Arbeitsplatzverlust und anderen Benachteiligungen schützen.
Die letzte Reform des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) trat im Januar 2018 in Kraft. Seitdem ist der zu schützende Personenkreis weiter gefasst. Neben Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen oder in Heimarbeit beschäftigt sind, profitieren nun auch Auszubildende, Praktikantinnen, Schülerinnen und Studentinnen vom Mutterschutz, ob in der Gastronomie oder anderen Erwerbszweigen.
Gastronomie und Mutterschutz: Ein sensibles Thema?
Schwere Lasten heben in der Warenannahme, lange Laufwege im Service, Hitze- und Kälteeinwirkung in Küche und Kühlraum: Schließen sich Gastronomie und Mutterschutz gegenseitig aus? Die Antwort lautet: Nein, sofern man auf die Bereitstellung vorgeschriebener Ressourcen und geltende Regelungen zur Arbeitszeit, Arbeitsplatzgestaltung, Stillzeit und Co. achtet. Viele der in der Gastronomie typischen Tätigkeiten kommen für werdende Mütter nicht mehr infrage. Der:die Arbeitgeber:in muss stattdessen eine angemessene Alternativaufgabe finden.
Bevor wir uns weiter mit den Details des Mutterschutzgesetzes in der Gastronomie beschäftigen, eines vorweg: In Bewerbungsgesprächen muss frau auf direkt oder indirekt gestellte Fragen zum beabsichtigten Kinderwunsch nicht wahrheitsgemäß antworten. Laut des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind derartige Fragen unzulässig.
Als Teil des Arbeitsrechts ist der Mutterschutz durchaus ein sensibles Thema. Deshalb sollten Frauen sich zumindest grundsätzlich darüber informieren. Auch um Ansprüche bei Missachtung durch Arbeitgeber:innen einzufordern, ist es wichtig, seine Rechte zu kennen.
Mutterschutz in der Gastronomie: Die Themen im Detail
Von Beginn an sind Arbeitgeber in der Pflicht, das Mutterschutzgesetz in der Gastronomie zu wahren. § 27 Absatz 1 MuSchG sieht vor, dass jede:r Arbeitgeber:in (oder ihm:ihr Gleichgestellte) und jede Ausbildungseinrichtung (Schule, Hochschule) verpflichtet ist, die Beschäftigung einer schwangeren oder stillenden Frau der zuständigen Arbeitsschutzbehörde unverzüglich mitzuteilen. Folgende Themen werden ebenfalls im MuSchG geregelt:
Beschäftigungsverbot
Das Beschäftigungsverbot für Schwangere, Wöchnerinnen und Stillende greift grundsätzlich
- sechs Wochen vor der Entbindung
und - acht Wochen nach der Entbindung.
Bei Mehrlings-, Frühgeburten und auf Antrag auch bei der Geburt eines Kindes mit einer Behinderung verlängert sich die gesetzliche Schutzfrist auf zwölf Wochen. Laut § 3 MuSchG kann die Mutter hiervon nicht freiwillig Abstand nehmen.
Falls werdende Mütter sich sechs Wochen vor der Geburt freiwillig zur Arbeitsleistung bereit erklären, können sie weiter beschäftigt werden. Diese Erklärung können sie jedoch jederzeit widerrufen.
Ein vollständiges Beschäftigungsverbot gilt für Schwangere, wenn nach ärztlichem Zeugnis bei Fortdauer der Beschäftigung das Leben oder die Gesundheit der Mutter oder des Kindes gefährdet ist (§ 3 MuSchG).
Weitere Beschäftigungsverbote
Ferner untersagt sind
- schwere körperliche Arbeiten (wie das regelmäßige Handtieren mit Lasten von mehr als 5 Kilogramm oder das gelegentliche Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 Kilogramm)
- Arbeiten, bei denen Schwangere und Stillende potenziell gesundheitsgefährdenden Einflüssen ausgesetzt sind wie Strahlen, Staub, Gasen, Dämpfen, Hitze, Kälte, Nässe, Erschütterung oder Lärm.
Zusätzliche Gefahrenhinweise für die Gastronomie:
- Vom Abschmecken roher Speisen sollten werdende und stillende Mütter unbedingt absehen.
- Auch bei der Verwendung von Rohmilchprodukten, Meeresfrüchten, rohem Fisch, Eiern und Fleisch besteht die Gefahr, sich mit Krankheitserregern zu infizieren. Erkrankungen wie Listeriose, Toxoplasmose oder Hepatitis A können Mutter und Kind akut gefährden.
Triff strenge Hygienemaßnahmen, um Infektionen zu verhindern!
Zulässige Arbeitszeiten
Auch für die Dauer der gewährten Arbeitszeit gibt es klare Regeln.
So dürfen Schwangere und stillende Mütter
- nicht mehr als 8,5 Stunden täglich und
- 90 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden (§ 4 MuSchG).
Wenn Schwangere oder stillende Mutter jünger als 18 Jahre sind, greift das Mutterschutzgesetz zur Arbeitszeit in der Gastronomie wie folgt:
- Nicht mehr als 8 Stunden täglich und
- nicht mehr als 80 Stunden in der Doppelwoche arbeiten (§ 4 MuSchG).
Arbeit in der Nacht und an Sonn- und Feiertagen
Eine Beschäftigung in der Nacht ist seit der letzten Mutterschutz-Reform im Januar 2018 zwischen 20 und 6 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen ist nach § 5 f. MuSchG untersagt.
Ausnahmen Nachtarbeit
Diese Regelung ist zu vernachlässigen, wenn
- die werdende Mutter einer Beschäftigung zwischen 20 und 22 Uhr ausdrücklich zustimmt
- ein ärztliches Attest über die Unbedenklichkeit vorliegt
- eine Gefährdung durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist (§ 28 Abs. 1 MuSchG).
Diese Erklärung können werdende Mütter selbstverständlich jederzeit widerrufen.
Ausnahmen für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen
Schwangere und stillende Mütter können an Sonn- und Feiertagen ihrer Beschäftigung nachgehen, wenn
- sie ausdrücklich zustimmen
- ein Ersatzruhetag im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden folgt (insgesamt eine Ruhephase von mindestens 35 Stunden)
- keine Gefährdung durch Alleinarbeit besteht (§ 6 Abs. 1 MuSchG).
Auch in diesem Fall haben die Frauen das Recht, ihre Einverständniserklärung jederzeit zu widerrufen.
Arbeitsplatzgestaltung
Laut § 2 MuSchG gelten folgende Regeln für die Gestaltung des Arbeitsplatzes:
- Bei überwiegend stehenden Tätigkeiten sind zumutbare Sitzgelegenheiten bereitzustellen.
- Falls die Tätigkeit vorwiegend im Sitzen ausgeübt wird, stehen Möglichkeiten zur Unterbrechung der Arbeit zu.
Allgemein sieht das Arbeitsrecht vor, dass am Arbeitsplatz einschließlich der Maschinen, Geräte und Werkzeuge Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit werdender und stillender Mütter zu treffen sind.
Nötige Ruhepausen müssen von dem:der Arbeitgeber:in gewährt werden.
Stillzeit
Das Stillen des Kindes erfordert entspannte Zeit zu zweit. Auch dafür gibt es nicht nur in der Gastronomie im Mutterschutz gesonderte Regelungen.
Laut § 7 im Mutterschutzgesetz haben stillende Mütter das Recht
- ihr Kind entweder zweimal täglich eine halbe Stunde
- oder einmal täglich eine Stunde zu stillen.
Falls die Arbeitszeit mehr als acht aufeinanderfolgende Stunden – ohne zweistündige Pause – umfasst, stehen sogar
- mindestens zwei Mal 45 Minuten
- oder einmal 90 Minuten Stillzeit zu.
Die Stillzeit darf nicht die gesetzlich geregelten Ruhepausen ersetzen. Außerdem ist ein Verdienstausfall durch die Gewährung der Stillzeit unzulässig.
Kündigungsschutz
Vorgesetzten drohen mit Kündigung in der Schwangerschaft? Das sieht die deutsche Rechtsprechung in diesem Fall vor:
Laut § 17 Abs. 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau unzulässig
- während ihrer Schwangerschaft
- bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und
- bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung,
- wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder die Entbindung bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn die Überschreitung auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.
Stichwort Finanzen: Wer zahlt das Mutterschaftsgeld?
In der Schwangerschaft gewinnen wirtschaftliche Themen wie die finanzielle Absicherung nochmal mehr an Bedeutung. Da frau in den letzten sechs Wochen vor der Geburt und den ersten acht Wochen nach der Geburt in keinem Beschäftigungsverhältnis steht, erhält sie auch keine herkömmlichen Lohnzahlungen.
Wer privat oder beitragsfrei familienversichert ist, kann ein auf 210 Euro begrenztes Mutterschaftsgeld vom Bundesversicherungsamt beziehen. Freiwillige oder pflichtversicherte Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse haben Anspruch auf Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 Euro pro Kalendertag.
Sofern das durchschnittliche kalendertägliche Nettogehalt den Betrag von 13 Euro übersteigt, ist der:die Arbeitgeber:in dazu verpflichtet, den Betrag entsprechend aufzustocken (§ 20 MuSchG). Diese wiederum können die Rückerstattung des Aufstockungsbetrages bei der Krankenkasse der jeweiligen Arbeitnehmerin in Form einer Umlage beantragen.
Weitere gesetzliche Regelungen zur Lohnfortzahlung
Wenn frau aufgrund eines Beschäftigungsverbotes in der Schwangerschaft teilweise oder völlig die Arbeit aussetzen muss, stehen ihr laut § 18 MuSchG Lohnzahlungen zu. Die gezahlten Beträge kann sich der:die Arbeitgeber:in von der zuständigen Krankenkasse erstatten lassen.
Schwangeren steht zudem eine Freistellung seitens des:der Arbeitgeber:in für nötige ärztliche Untersuchungen zu. Daraus darf sich laut § 23 MuSchG kein Entgeltausfall ergeben.
Bitte beachte, dass es sich bei den genannten Informationen nicht um rechtlich verbindliche Auskünfte handelt. Falls du weitere Fragen bezüglich geltender Mutterschutzgesetzte in der Gastronomie hast, kannst du dich an eine Rechtsberatung mit Schwerpunkt Arbeitsrecht wenden.